AWI

SR009: Landmaschinen in Österreich

Stand und Entwicklungstendenzen bis 1970

Herbert Foltinek

Auf Grund der in dieser Studie im einzelnen untersuchten Anzahl der Landmaschinen in Österreich, ist unter anderem ein guter Mechanisierungsgrad festzustellen. Faßt man ihn als Verhältnisziffer zwischen der Zahl und der Kapazität der Maschinen und der von ihnen zu bearbeitenden landwirtschaftlichen Nutzfläche auf, liegt er etwas niedriger als in der Bundesrepublik Deutschland und in Großbritannien, aber höher als in Frankreich, in Italien und in der Tschechoslowakei, um nur einige Länder mit etwa vergleichbaren Produktionsbedingungen heranzuziehen. Aus unserem Vorsprung kann jedoch nicht geschlossen werden, daß unsere jährlichen Maschineninvestitionen ohne Schaden eingeschränkt werden können. Der Leistungsstandard muß unablässig gehoben werden, um die Grundlage für die Erfüllung des Einkommensanspruches der Landwirte innerhalb der Industriegesellschaft zu sichern. Jedes der in der zweiten Gruppe genannten Länder strebt aus den gleichen Gründen danach, seinen Mechanisierungsgrad zu erhöhen.

Ein weiterer Grund für einen intensiven Maschinenkauf liegt im Ersatz von überalterten und stark abgenutzten Maschinen, um die hohen Reparatur- und Pflegekosten für diese Maschinen einzusparen. Der Zeitwert des gesamten in Verwendung stehenden Maschinenparks wurde noch nicht exakt erhoben; er kann etwa als Mittel verschiedener publizierter Schätzungen mit 20 Mrd. S als Richtwert angesetzt werden. Bei Anwendung üblicher Abschreibungssätze ergibt sich eine jährliche für Investitionszwecke rückzulegende Amortisationssumme, die nicht viel kleiner ist als der für Neu- und Ersatzanschaffungen im Jahr tatsächlich ausgegebene Betrag von rund 3,5 Mrd. S. Modernisierung und Nachholbedarf zusammen ergeben also durchaus ökonomische Werte. Die Jahres-Reparatur- und Instandhaltungskosten werden in der Fachliteratur auf 1,5 Mrd. S geschätzt. Sie würden rapid ansteigen, wenn künftig weniger mindertaugliche alte Maschinen gegen vollwertige, neue ausgetauscht würden. Somit scheinen auch Ersatzbedarf und Reparaturkosten richtig aufeinander abgestimmt zu sein. Von Überkonsum kann keinesfalls gesprochen werden.

Bei der Mechanisierung der Landwirtschaft gilt für Österreich wie für alle Länder das Gebot der Zeit, die Produktivität laufend anzuheben, damit sie mit dem steigenden Bruttosozialprodukt pro Kopf Schritt halten und die Betriebseinrichtungen an die sich verbessernden arbeitswirtschaftlichen Möglichkeiten ständig anpassen kann. Dafür sind die in Arbeitsproduktivität und -qualität von Jahr zu Jahr wertvoller werdenden Maschinen unbedingt notwendig. Doch werden moderne Maschinen heute, zum Unterschied von früher, viel leistungsstärker gebaut, so daß ihr Einsatz für die meisten Bauern unrentabel wäre, wenn sie die Maschinen allein nutzen würden. Die überbetriebliche Maschinenarbeit kann hier Abhilfe schaffen. Klein- und Großbetrieb sind dabei, die gleichen Maschinen mit der gleichen Rentabilität einzusetzen. Obwohl sich aus dieser neuen Einstellung eine Verminderung der Landmaschinenanschaffungen ergibt, sind die Vorzüge der Landtechnik weiteren Kreisen der Landwirtschaft zugänglich als bisher.

Geht man also von vergleichbaren Produktionsbedingungen aus, bestehen gegen die Höhe des Maschinenzuwachses keinerlei Bedenken. Außerdem muß bei der Beurteilung die besondere klimatische Lage Österreichs berücksichtigt werden: Das einheitliche Makroklima anderer Länder ist den durch die Gebirgslage Österreichs bedingten differenzierten Mikroklimata gegenüberzustellen. Deshalb kann in Österreich die gleiche Erntesicherheit wie in anderen Ländern nur durch eine Verstärkung der Arbeitsmacht erreicht werden. Oder mit anderen Worten: die Leistungsfähigkeit der Landmaschinen in Österreich soll höher liegen als in anderen Ländern. Jeder zu geringe Maschinenbesatz, der dazu führt, daß ein Teil der Feldarbeiten nicht zur biologisch richtigen Zeit erledigt werden kann, hat Ertragseinbußen zur Folge. Sie sind größer als der Aufwand für leistungsfähigere Geräte, mit denen die Arbeit rascher und daher zeitgerecht zu erledigen wäre. Solche Ertragseinbußen können z.B. eintreten, wenn infolge zu geringer Arbeitsmacht die Zuckerrübenernte zu früh einsetzen muß, ein Teil der Heuernte verregnet, nasser Boden gepflügt wird, Gersten-Mähdrusch zu spät erfolgt usw.

Ein weiterer Grund für die Bereithaltung von mehr Maschinenleistung als dem auf wissenschaftlicher Basis errechneten Europamittel entsprechen würde, sind unsere höheren Ernteerträge, die beträchtlich über dem internationalen Durchschnitt liegen. Die Bergung unserer je ha Bodenfläche im Durchschnitt größeren Erntemengen macht höhere Maschinenleistungen wirtschaftlich notwendig.

Für die Arbeitserledigung am steilen Hang ist mehr Kapital zur Anschaffung von Maschinen erforderlich, wenn die Arbeitserledigung auch nur annähernd so rasch und bequem erfolgen soll wie in der Ebene. Die Erleichterung und Verkürzung der Stallarbeit durch Mechanisierung ist hingegen ein Problem, das an den Viehhalter am Hang und im Tal etwa die gleichen finanziellen Anforderungen stellt; nicht selten ist es am Berg sogar leichter zu lösen. Andere Voraussetzungen gelten für die Bewirtschaftung des Grünlandes. Hier ist der Hangbetrieb absolut im Nachteil, weil ihm die gleiche Arbeit wie im Tal, je nach der Steilheit und Unwirtlichkeit der Hänge, doppelt so viel und mehr an Arbeit und Mühe bereiten kann. Mittelwerte für die notwendige Mehrleistung anzugeben, wäre wegen der Unterschiede in der Arbeitserschwernis von Bergbauer zu Bergbauer, die oft größer sind als zwischen Hang- und Talbauer, irreführend.

Wie im Kapitel "Maschinen für den Bergbauernbetrieb" im einzelnen ausgeführt, hat die Technik in letzter Zeit gut brauchbare Arbeits- und Transportmaschinen für den steilen Hang bereitgestellt. Sie vermitteln ihren Besitzern nahezu die gleichen Arbeitserleichterungen wie im Tal und werden von ihnen - speziell in dem Maße als die Bergbauernbetriebe verkehrsmäßig erschlossen werden - als unerläßliches Zubehör betrachtet. Die Anschaffungs- und Betriebskosten einiger solcher Sondergeräte können zwar mit dem Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb allein nicht bestritten werden, doch ist hier oft durch Einnahmen aus dem Fremdenverkehr usw. ein gewisser Ausgleich möglich. Jede solche Verdienstmöglichkeit geht allerdings auch auf Kosten der Arbeitsmacht des landwirtschaftlichen Betriebes. Wenn in solchen Fällen die Führung des Landwirtschaftsbetriebes voll aufrechterhalten bleiben soll, ist Mechanisierung die einzige wirtschaftliche Lösung. Auch aus diesem Grund wird also der Bergbauer mehr Maschinenkapital benötigen als der Grünlandbetrieb in der Ebene oder im Hügelland.

Faßt man all die vielen für Österreich gegebenen besonderen Bedingungen zusammen und bringt sie mit dem Bestand an technischen Einrichtungen, die der Landwirtschaft dienen, in Beziehung, ergibt sich ein Defizit, sowohl was die Hochmechanisierung der meisten Klein- und Mittelbetriebe betrifft, als auch das Ausmaß und die Qualität der derzeit verfügbaren Maschinenkapazität.

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