AWI

SR070: Quantifizierung der Auswirkungen von Maßnahmen auf dem österreichischen Weinmarkt

Leonhard Simon, Karl M. Ortner

Die witterungsbedingt relativ starken Schwankungen der Weinernten führen dazu, daß die Weinpreise und die Verkaufserlöse der Weinbauern von Jahr zu Jahr beachtlich schwanken. Es besteht daher ein Interesse, das finanzielle Risiko der Weinbauern durch agrarpolitische Maßnahmen einzuschränken. Zur Erreichung dieses Ziels muß untersucht werden, wie der Weinmarkt auf verschiedene Maßnahmen reagiert und wie effizient diese Maßnahmen sind, d.h., wieviel sie nutzen, und was sie kosten. Zu diesem Zweck wurde auf Grundlage der Daten von 1960-1990 ein ökonometrisches Modell des österreichischen Weinmarktes erstellt; die statistische Überprüfung bestätigt, daß das Modell die Entwicklung des Inlandsabsatzes, der Importe und der Preise in der Referenzperiode gut abbildet. Die Auswirkungen alternativer Maßnahmen wurden mit Hilfe von Modellsimulationen unter verschiedenen Rahmenbedingungen ermittelt.

Diese Untersuchung mußte sich aufgrund unzulänglicher oder überhaupt fehlender Daten über verschiedene Qualitätsstufen, Gebinde und Vermarktungsstufen auf die Annahme, daß Wein ein homogenes Gut sei, stützen. Da der für Wein erhobene Preis für eine niedrige Qualitätsstufe gilt, ist anzunehmen, daß die finanziellen Auswirkungen der analysierten Maßnahmen eher unter: als überschätzt werden.

In dieser Studie wurden drei Szenarien analysiert, in denen verschiedene politische Maßnahmen getroffen werden: Eine einmalige Absatzsteigerung, eine anhaltende Absenkung des Angebotsniveaus und eine dauerhafte Exportsteigerung. Mit der erstgenannten Maßnahme könnte z.B. verhindert werden, daß der Preis unter einen Mindestpreis sinkt; die anderen Alternativen verfolgen die Absicht, den Erlös der Weinbauern auf Dauer zu steigern. Die Analyse sollte klarstellen und quantifizieren, welche Auswirkungen von diesen Maßnahmen erwartet werden können.

Die präsentierten Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß der potentielle Nutzen marktentlastender Maßnahmen auf dem Weinmarkt für die Weinbauern eine beachtliche Größenordnung annimmt: Eine Senkung der Erzeugung, eine Steigerung der Exporte oder eine Eliminierung bereits erzeugten Weins (z.B. durch Verarbeitung) senken das auf dem Inlandsmarkt verfügbare Angebot. Das wirkt sich nicht nur unmittelbar, sondern auch in den Folgejahren positiv auf den Preis aus und setzt somit einen Einkommensstrom zugunsten der Weinproduzenten in Gang.

Es zeigte sich, daß der Erfolg der betreffenden Maßnahmen in hohem Maße vom Zustand des Marktes zur Zeit ihrer Implementierung und von der weiteren Entwicklung der exogenen Marktbedingungen abhängt. Daher wurde die Quantifizierung der Auswirkungen unter fünf verschiedenen Rahmenbedingungen je Maßnahme vorgenommen, und die Ergebnisse wurden im Durchschnitt dieser Rahmenbedingungen vorgestellt; die Höhe der untersuchten Marktentlastung betrug in jedem Fall 100.000 hl oder 3,5 % einer durchschnittlichen Ernte.

Ein einmaliger Eingriff in den Markt mit dem Erfolg, den Absatz durch Export oder Verarbeitung um die betreffende Menge zu erhöhen, bringt den Weinbauern einen Nutzen in Höhe von insgesamt 175 Mill. S (zur Preisbasis von 1990). wird die Erzeugung auf Dauer um die betreffende Menge zurückgenommen, so haben die Weinbauern durch höhere Marktpreise einen Nutzen von 48 Mill. S jährlich. Bei unveränderter Erzeugung und wenn die Exporte auf Dauer gesteigert werden, (ohne Exportstützungen) erhöht sich dieser Nutzen auf 158 Mill. S jährlich.

Eine Verknappung des Angebots und daraus resultierende höhere Preise bringen den Weinbauern also höhere Erlöse, den Verbrauchern aber höhere Ausgaben. wenn die öffentliche Hand beabsichtigt, in den Markt einzugreifen, muß sie sich über ihre ziele im klaren sein und prüfen, ob sie sie nicht durch effizientere Maßnahmen erreichen kann. In jedem Fall sollte sie aber durch Maßnahmen zur Steigerung der Qualität und Verminderung der Transaktionskosten dazu beitragen, daß sich das inländische Produkt in einem in Zukunft freier werdenden Wettbewerb gegen die ausländische Konkurrenz behaupten kann.

Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen, daß es auch dann im Interesse der Gesamtheit der Weinbauern ist, Marktentlastungsmaßnahmen zu ergreifen und Flächenstillegungen vorzunehmen, wenn sie die Kosten für diese Maßnahmen selbst aufbringen müssen, weil ihr Nutzen die Kosten der Maßnahmen signifikant übersteigt. Für den einzelnen oder einzelne Gruppen von Weinbauern ist dieses Interesse allerdings im allgemeinen nicht gegeben, weil sie die Entscheidung über den Umfang ihrer Weinproduktion und die einzuschlagenden Absatzwege sinnvollerweise nur anhand von betriebswirtschaftlichen Kriterien fällen können.

Wer die Absicht hat, den Weinbauern zu helfen, muß dafür sorgen, daß der Vorteil, der infolge von marktentlastenden Maßnahmen für die Gesamtheit der Weinbauern entsteht, zu einem Vorteil für den einzelnen transformiert wird, der diesen veranlaßt, sich so zu verhalten, daß es zu einer Marktentlastung kommt. Entscheidend ist also, daß sich eine in Aussicht genommene Maßnahme für die daran Beteiligten lohnt: für die Gesamtheit der Weinbauern wäre dies z.B. eine generelle Hektarertragsbeschränkung, für bestimmte Weinbauern eine Rodungsprämie, für Exporteure eine Auslandswerbung und für die Verarbeiter eine allfällige Beihilfe zur Verspritung von Wein.

Ob eine bestimmte Maßnahme unter einer bestimmten Ausgangssituation geeignet ist, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, kann aus diesen Ergebnissen nicht ohne weiteres geschlossen werden, weil die zukünftige Entwicklung des Marktes naturgemäß unbekannt ist, während sie bei den Simulationsergebnissen als bekannt vorausgesetzt wurde. Das hier entwickelte Weinmarktmodell kann aber dazu dienen, mit Hilfe von Modellsimulationen unter (verschiedenen) angenommenen zukünftigen Entwicklungen der exogenen Variablen festzustellen, wie sich alternative Rahmenbedingungen und in Aussicht genommene Maßnahmen auf den Weinmarkt in Zukunft voraussichtlich auswirken werden.

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