AWI

AB037: Wettbewerbsfähigkeit des Zuckerrübenanbaus in Österreich

je nach Politikoption nach 2013

Leopold Kirner

Die Studie analysiert die Wettbewerbsfähigkeit des Zuckerrübenanbaus in Österreich unter geänderten Rahmenbedingungen. Trotz umfangreicher Datenrecherchen und akkuraten Methoden lassen sich die Auswirkungen künftiger Politi-ken und Marktentwicklungen naturgemäß nicht abschließend bewerten. Zum einen kann die künftige Politik für Zucker bzw. für den Ackerbau allgemein sowie der Ausgang der laufenden Dohar-Runde im Rahmen der WTO nicht prognostiziert werden. Zum anderen sind Einschätzungen zur künftigen Marktentwicklung bei den hier untersuchten Ackerkulturen mit Unsicherheiten behaftet. Für die vorliegenden Berechnungen mussten daher bestimmte Annahmen getroffen werden, die vielleicht nicht in vollem Umfang in der Praxis eintreffen könnten. Darüber hinaus führen Politikänderungen auch zu Änderungen der Verhaltensmuster von Betroffenen, die nur schwer bis gar nicht in Modellen abgebildet werden können, weil sie bisher nicht beobachtet werden konnten (LUCAS-Kritik 1976). Die vorgestellten Ergebnisse sollten daher in erster Linie wie KOESTER und TANGERMANN (1976) es formulierten ..."als Aufhellung der Dunkelheit der ungewissen Zukunft" betrachtet werden und nicht als alleiniges Licht der Wahrheit.

Die regionalen Änderungen bei der Zuckerquote bzw. der Rübenfläche verweisen auf eine unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit des Zuckerrübenanbaus je nach Region in Österreich. Demnach erscheint der Zuckerrübenanbau im Seewinkel weniger attraktiv zu sein als in anderen Regionen. Dies könnte durch höhere Kosten (Beregnung) oder bessere Alternativen zum Rübenanbau (Saatmaisproduktion) begründet sein. Im Mittelburgenland hingegen nahm der Zuckerrübenanbau kaum ab bzw. regional sogar zu, was eventuell durch schlechtere Alternativen zur Zuckerrübe erklärt werden kann. Stärkere Zuwächse verzeichnete das Westbahngebiet. Hohe Erträge der Zuckerrübe bei gleichzeitigem Bestreben, eine hohe Wertschöpfung je Flächeneinheit bei geringerer Flächenausstattung (häufig Betriebe mit Viehhaltung) zu erreichen, dürfte der Grund dafür sein. Im Nordosten von Niederösterreich können keine eindeutigen Aussagen abgeleitet werden. Tendenziell zeigt sich eine stärkere Abnahme im Marchfeld im Vergleich zum Weinviertel; höhere Kosten (Beregnung) und bessere Alternativen (Gemüseanbau) im Marchfeld könnten eine Erklärung dafür bieten.

Die Zuckerrübe verfügte in der Vergangenheit über eine außerordentlich hohe Wettbewerbskraft unter den Marktfrüchten. Bis zum Ende der EU-Zuckermarktordnung im ZWJ 2014/15 dürfte sich an diesem Sachverhalt kaum etwas ändern. Gegenüber Winterweizen, Winterraps oder Körnermais wird gegenwärtig ein deutlich höherer Deckungsbeitrag je Hektar erwirtschaftet. Auch unter Einrechnung von Fixkosten und kalkulatorischen Arbeitskosten kann im Großen und Ganzen ein positiver kalkulatorischer Gewinn ausgewiesen werden. Auf Ebene des Gesamtbetriebs sichert der Anbau der Zuckerrübe ein zusätzliches Einkommen.

Ob diese herausragende Wettbewerbsstellung der Zuckerrübe auch nach Ende des ZWJ 2014/15 aufrecht bleibt, kann nicht eindeutig mit ja oder nein beantwortet werden. Das hängt wesentlich von den künftigen politischen und marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Nur wenn ein Mindestmaß an Außenschutz mit einhergehender Quo-tenregelung und definiertem Mindestpreis erhalten bleibt, dürfte die Quotenrübe weiterhin ihre Vormachtstellung behaupten. Für die Industrierübe wird es jedoch auch unter dieser Voraussetzung in einigen Anbaugebieten eng. Und zwar dort, wo die Rübe mit höheren Kosten (z. B. für die Beregnung in Marchfeld/Seewinkel) operiert oder wo Konkurrenzkulturen sehr hohe Erträgen erzielen (z. B. Westbahngebiet). Bei vollständiger Liberalisierung und keinem Außenschutz bzw. keiner Quote dürfte die Zuckerrübe ihre Vorherrschaft auf dem Ackerland einbüßen; und zwar in allen Anbauregionen Österreichs. Besonders deutlich zeigt sich dies für das Marchfeld und den Seewinkel bzw. für Oberösterreich und das Westbahngebiet.

Die Analysen zur regionalen Verlagerung der Zuckerquote und zur künftigen Konkurrenzfähigkeit der Rübe führen insgesamt zum Schluss, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerrübe in den untersuchten Hauptanbaugebieten unterscheidet. Diese hängt einerseits von der Rentabilität der Rübe und andererseits von ihren möglichen Alternativen ab. Nach den vorliegenden Berechnungen weist das Weinviertel die höchste Wettbewerbskraft auf, gefolgt von der Region Südbahngebiet/Mittelburgenland.

In allen Politikoptionen bzw. Szenarien und Modellbetrieben im Rahmen der gesamtbetrieblichen Modellrechnungen auf der Basis der Linearen Programmierung verbleibt die Zuckerrübe im Produktionsprogramm. Dies lässt sich dadurch erklären, dass sie in der Regel nicht mit den einträglichsten Kulturen um die Fläche konkurriert, sondern mit schwächeren Mähdruschkulturen wie Sonnenblume oder Gerste, da Weizen oder Körnermais nicht auf der ganzen Fläche eines Betriebs kultiviert werden kann. Der Vorteil der Zuckerrübe währt jedoch auch gegenüber den weniger ertragreichen Mähdruschkulturen bei geringer Marge nur so lange, bis es zu keinen Ersatzinvestitionen von Spezialmaschinen kommt.

Die gesamtbetrieblichen Modellrechnungen bestätigen zudem die großen Herausforderungen für Marktfruchtbetriebe nach Umstellung der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013. Bis auf das Szenario mit besonders hohen Agrarpreisen im Jahr 2015 werden für alle Betriebe bei 20ig-prozentiger Kürzung der Direktzahlungen (Betriebsprämie und ÖPUL) niedrigere Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft ausgewiesen als in der Ausgangssituation. Auch wenn die Preise für Mähdruschkulturen um 25 Prozent steigen und der Rübenpreis höher liegt als in der Ausgangssituation, sinkt das Einkommen. Daraus kann unter anderem die große Relevanz der künftigen Direktzahlungen für Zuckerrübenbetriebe abgelesen werden, zumal eine 20ig-prozentige Kürzung kein worstcase-Szenarium darstellt.

Die Studie führt zum Schluss, dass die Zuckerrübenbetriebe unabhängig der unterstellten Politikoptionen vor großen Herausforderungen stehen. Wollen sie unter den getroffenen Annahmen in Zukunft zumindest das gleiche oder ein höheres Einkommen wie zur Zeit erwirtschaften, müsste die Fläche je nach Rahmenbedingungen zum Teil extrem ausgeweitet werden. Nur wenn der Pachtpreis unter den geänderten Bedingungen signifikant sinkt, errechnen sich vertretbare Werte für zusätzliche Pachtflächen. Neben der Ausweitung der Flächen bestehen für einen Teil der Betriebe zudem Potenziale bei der Produktionstechnik, wie Ergebnisse der Arbeitskreisbetriebe belegen. Diese sind ebenso zu nutzen wie Möglichkeiten, die Fixkosten z. B. durch Kooperationen nachhaltig zu senken.

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